Der Autobahnanschluss in Oberdill und das Gewerbegebiet Schorn waren wichtige Punkte der Stadtratssitzung am 26.Oktober. Die Belange des Naturschutzes und das sogenannte „Harmonisierungsgebot“, nach dem bei der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen auch für Wohnraum gesorgt werden muss, werden uns in der Zukunft sicher noch intensiv beschäftigen. Die SPD hat den Ausbauplänen für Schorn nicht zugestimmt und gleichzeitig auch die Erweiterung des Halbanschlusses in Oberdill abgelehnt.
Viel wichtiger scheint uns allerdings ein Thema, das in vielen Tagesordnungspunkten im Stadtrat immer wieder vorkommt. Das war auch in der aktuellen Sitzung wieder der Fall. Es geht um das Spannungsverhältnis, das einige Mitglieder offensichtlich zu öffentlichen Regeln, Verordnungen und Gesetzen haben.
In der stadtratslosen Zeit hatte Frau John die Straßenausbausatzung für Starnberg außer Kraft gesetzt. In dieser Satzung ist geregelt, wer für Maßnahmen aufkommen muss, die an Straßen durchgeführt werden. Im Juni hatte die Mehrheit im Stadtrat diese einsame Entscheidung nach intensiven Diskussionen bestätigt. Die SPD hatte seinerzeit gegen den Antrag gestimmt. Das Landratsamt Starnberg als kommunale Aufsichtsbehörde hat beide Entscheidungen als rechtswidrig kassiert und jetzt damit gedroht, dass der Beschluss durch eine Entscheidung des Landratsamtes ersetzt wird.
In einer achtzehnseitigen Stellungnahme hat die Aufsichtsbehörde ausführlich zu allen Argumenten der Stadt Stellung bezogen und Punkt für Punkt nachgewiesen, dass die Entscheidung nicht mit geltendem Recht vereinbar ist.
In der jetzigen Sitzung gab es nun eine Vorlage im Umfang von etwa einer halben Seite, in der sich die Verwaltung das Placet für eine Klage beim Verwaltungsgericht München gegen die Entscheidung des Landratsamtes geben lassen wollte
Wir haben den Eindruck, dass es der Mehrheit im Stadtrat darauf ankommt, populistische Entscheidungen durchzudrücken – ohne Rücksicht darauf, ob sie den verbindlichen Normen entsprechen. Wie anders ist es zu erklären, dass beschlossen worden ist, den Klageweg zu beschreiten, um die Abschaffung der Straßenausbausatzung legitimieren zu lassen? Und wie ist es möglich, dass der Stadtrat in eine solche Abstimmung getrieben wird, ohne dass der Rechtsbeistand der Stadt dazu vorträgt?
Wir bezweifeln nicht, dass die Bürgermeisterin sich juristisch hat beraten lassen. Sie verweigerte aber nach Nachfrage sowohl jede Aussage, durch wen diese Beratung stattgefunden hat, als auch zu dessen Beurteilung. Als Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat blieb ein „sicheres Gefühl“ der Bürgermeisterin und eine halbseitige Beschlussvorlage. Die Vorlage wurde mit 17:13 Stimmen (gegen die Stimmen von SPD, CSU, UWG und Grünen) bei namentlicher Abstimmung angenommen.
Es kann nicht angehen, dass man auch um den Preis von Rechtsbeugungen und Verstößen gegen Vorschriften und Regeln einer „Wohlfühlkultur“ huldigt. Es gibt in Demokratien Mittel und Wege, Normen, mit denen man nicht einverstanden ist, zu verändern. Es geht aber nicht an, dass man sie einfach ignoriert.
Eine Demokratie lebt von unterschiedlichen Meinungen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Stadtrat wieder zu einer Debattenkultur zurückkehrt, die den Austausch von Argumenten zulässt. Die Allianz muss künftig mehr als ihre Partikularinteressen vertreten und sich im Rahmen der existierenden Regelwerke um die Interessen aller Bürger kümmern. Dann wird die kommunale Rechtsaufsicht sich künftig weniger mit Entscheidungen des Stadtrates beschäftigen müssen.